Frankreichs Reformdynamik bleibt trotz Gelbwestenkrise erhalten

Frankreichs Reformdynamik bleibt trotz Gelbwestenkrise erhalten

Emmanuel Macron hat Erfolg mit den Reformen, die er in den ersten 18 Monaten seiner Amtszeit angestoßen hat – trotz der Gelbwestenproteste und der daraus resultierenden Zugeständnisse, sagt Tristan Perrier, Senior Economist, Economic Research bei Amundi.

„Macron hat eine sehr ehrgeizige Reformagenda umgesetzt, die sich an der Angebotsökonomie und dem nordischen Flexicurity-Modell orientiert, also dem Kompromiss zwischen arbeitgeberfreundlicher Flexibilisierung des Arbeitsmarktes und der Sicherheit der Arbeitsplätze. Die Reformen zielen auf ein unternehmensfreundliches Umfeld ab, das sich auf Innovation, Wettbewerb und neue Marktteilnehmer konzentriert. Weitere Elemente sind ein verringerter Schutz für etablierte Player auf dem Arbeits-, Waren- und Dienstleistungsmarkt, ein Fokus auf Mobilität und Ausbildung sowie die Vereinfachung und Verbesserung großer Sozialhilfeprogramme, ohne drastische Kürzungen.

Diese Politik brachte viel Lob von Organisationen wie der OECD ein. In ihrem Bericht über Frankreich vom April 2019 schätzte die OECD die positiven Auswirkungen auf das BIP nach zehn Jahren auf 3,2 Prozent allein aufgrund der bereits eingeleiteten Reformen in den Bereichen Steuern, Arbeitsmarkt und Straffung der Verwaltung. Frankreich wird derzeit oftmals als die Industrienation eingestuft, die die umfangreichsten langfristig angelegten, wachstumsfördernden Reformen durchgeführt hat – gerade auch im Vergleich zu den europäischen Nachbarn. Auch die öffentlichen Finanzen haben sich allmählich erholt.

Die wichtigsten Etappen dieser Politik waren:

  • Eine Steuerreform, bei der sich ein Teil der Last weg von Unternehmen und Arbeitnehmern hin zu wohlhabenden Rentnern, Tabak und Kraftstoff verlagert;
  • Reformen des Arbeitsmarktes, der Lehrlingsausbildung und der Berufsausbildung, um mehr Flexibilität zu schaffen und die Rolle der Gewerkschaften bei Verhandlungen und der Verwaltung der Sozialsysteme zu verringern;
  • Eine Reform der französischen Eisenbahn;
  • Maßnahmen zur Förderung der Bildung, insbesondere in benachteiligten Stadtteilen;
  • Eine Erhöhung bestimmter Mindestansprüche für Behinderte und ältere Menschen;
  • Maßnahmen zur Behebung regulatorischer Beschränkungen, die das Angebot auf den Märkten für Produkte und Dienstleistungen behindern;
  • Die Einführung eines Fünfjahresinvestitionsplans in Höhe von 57 Milliarden Euro (etwa 2,5 Prozent des BIP).

Gelbwesten erzwangen eine gewisse Reform der Reform

Im November 2018 zwang der plötzliche Ausbruch der Gelbwestenbewegung die Regierung zu erheblichen Zugeständnissen; zu einer stärker nachfrageorientierten Politik und einer weniger aggressiven Haushaltskonsolidierung. Insgesamt wurden zwischen Dezember 2018 und April 2019 mehr als 15 Milliarden Euro oder 0,7 Prozent des BIP an fiskalischen Maßnahmen angekündigt.

Darunter sind die Streichung geplanter Benzinsteuererhöhungen, Steuersenkungen oder die Streichung von Steuererhöhungen für Haushalte mit mittlerem Einkommen, Anpassungen der Lebenshaltungskosten einiger Renten, Steuerbefreiungen für Überstunden und bestimmte Boni sowie Steuererleichterungen für Arbeitnehmer mit niedrigem Einkommen.

Die Zugeständnisse weckten Befürchtungen, dass die Reformdynamik zum Stillstand kommen könnte. Ebenso hat die Gelbwesten-Krise mit ihrer spektakulären ausländischen Berichterstattung die internationale Glaubwürdigkeit des französischen Präsidenten beschädigt, der sich für die Stärkung der europäischen Institutionen eingesetzt hatte.

Dennoch: Die Dynamik der angebotsseitigen Reformen schreitet weiter voran. Trotz der Krise und des unklaren politischen Ergebnisses der Europawahlen ist die Lage weiterhin günstig für die Fortsetzung der Reformen.

Die Reformen sind erfolgreich

Die Reformen sollen das Wachstum steigern und die strukturelle Arbeitslosenquote senken. Die französische Wirtschaft wird damit wettbewerbsfähiger. Macron will außerdem weitere angebotsseitige sektorale Maßnahmen und eine umfangreiche Haushaltskonsolidierung durch Einsparungen bei den öffentlichen Ausgaben angehen. Der wichtigste Test in naher Zukunft wird aber eine umfassende Rentenreform sein, die für das erste Quartal 2020 geplant ist. Ziel ist es, die rund 40 bestehenden Systeme bis 2025 zu einem einzigen System zusammenzuführen.

Trotz aller Verzögerungen und Gefahren glauben wir, dass die Dynamik zugunsten der Strukturreformen noch nicht erschöpft ist. Tatsächlich könnte das Endergebnis sogar noch besser sein als die OECD-Schätzungen, die nicht alle Reformen widerspiegeln. Dennoch: Es gibt kein Allheilmittel gegen eine unzufriedene Bevölkerung. Die Überwindung der sozialen Unterschiede wird wohl zumindest Entscheidungen in der Wohn-, Infrastruktur- und Flächennutzungsplanung erfordern, die ambitionierter sind als die derzeit geplanten.

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Footnotes

 

  1. ^ [1] Quelle: IPE „Top 500 Asset Managers“, veröffentlicht im Juni 2023 auf der Grundlage der verwalteten Vermögen zum 31.12.2022
  2. ^ [2] Daten von Amundi am 31.12.2023
  3. ^ [3] Boston, Dublin, London, Mailand, Paris und Tokio

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