Inflation – Aktienportfolio anpassen?

Inflation – Aktienportfolio anpassen?

Munich, Germany,

Nach der Pandemie ist vor der Inflation? – Die Gefahr lässt sich nicht von der Hand weisen, sagt Pascal Blanqué, Group Chief Investment Officer bei Amundi. Ein Blick in die Vergangenheit könne helfen, die Gegenwart besser einzuordnen.

Die Wirtschaft hat im Abklingen des Pandemie-bedingten Lockdowns einen rasanten Wiederaufschwung erlebt. Neben den vorübergehenden Auswirkungen von Engpässen in der Lieferkette (etwa in den Bereichen Halbleiter, Energie und Kupfer) stellt sich die Frage nach dem Einfluss auf die Inflation.

Weltweit konvergierten in der Pandemie Geld- und Steuerpolitik und scheinen ein „letztes Aufgebot“ gegen die Deflationsrisiken des vergangenen Jahrzehnts ins Feld zu führen. Diese gebündelten Kräfte könnten durchaus eine höhere Inflation begünstigen. Aktienportfolios werden auf die langfristigen Inflationsaussichten reagieren müssen, um ihre Renditechancen nutzen zu können.

Sollten wir es mit einem strukturellen Inflationsanstieg zu tun haben, so würde dieser an die Zeit zwischen dem Ende des Zweiten Weltkriegs und den frühen 1980er Jahren erinnern. Tatsächlich geht es hier um zwei Teilperioden, die man getrennt analysieren sollte: Wir haben sie nach den Jahreszeiten Frühling (1949-1966) und Sommer (1966-1982) benannt, weil sie für einen Neuaufbruch nach dem kriegsbedingten Winter stehen. Sowohl Frühling als auch Sommer haben ihre unverwechselbaren Merkmale, und die Inflation gehört dazu.

Frühling: 1949 – 1966

Die Nachkriegszeit war gekennzeichnet von leichter Inflation. Als sich der Zweite Weltkrieg dem Ende zuneigte, musste die Produktionskapazität der Wirtschaft vollständig erneuert werden. Zinssätze und Löhne befanden sich auf einem historischen Tiefstand. Diejenigen Banken, die den Winter überstanden hatten, verfügten über die finanziellen Mittel, um die großen Innovationen der vorangegangenen Jahre in zahlreichen Anwendungen auf verschiedenen Märkten einzuführen, zum Beispiel Haushaltsgeräte, Automobil und Luftfahrt. Die Folge war eine positive Spirale aus sinkender Arbeitslosigkeit und steigenden Löhnen. Die Unternehmensgewinne zogen an, auch wenn die Gewinnspannen an Grenzen stießen. Das Deflationsrisiko gehörte der Vergangenheit an, das Inflationsrisiko blieb moderat.

Die Welt von heute ist in vielerlei Hinsicht ähnlich: Wir müssen eine CO2-arme Wirtschaft aufbauen, und Zentralbanken und Regierungen stimmen ihre Geld- und Steuerpolitik aufeinander ab. Viele Banken haben die Finanzkrise von 2008 überstanden, und die Solvabilitätskoeffizienten sind robust genug, um neue Projekte in den Bereichen Klimawandel, Digitalisierung und Biotechnologien finanzieren zu können. Im globalen Wettbewerb – etwa zwischen den USA und China, oder zwischen traditionellen Automobilherstellern und Tesla – sehen immer mehr Player sich gezwungen, zu investieren, um im Rennen zu bleiben. Schließlich bleiben die Zinsen zwar immer noch sehr niedrig, aber die Talsohle ist inzwischen erreicht.

Sommer: 1966 – 1982

Auf den Frühling folgte eine Zeit des Überflusses, die den Höhepunkt der Inflation markierte. Ab Mitte der 1960er Jahre reichten die neuen Produktionskapazitäten nicht mehr aus, und die Löhne stiegen schneller als die Produktivität. Die resultierende Preis-Lohn-Spirale sorgte dafür, dass die Inflation als ein Hauptmerkmal dieser Periode in Erinnerung blieb, die schließlich in einer starken Rezession endete.

Schauen wir genauer hin, so können wir den Sommer in zwei kürzere Perioden aufteilen: Die Phase von 1966 bis 1971 ist mit dem Vietnamkrieg verwoben, der mit einem angespannten sozialen Klima und Lohnforderungen einherging. In einer gegenüber heute sehr viel stärker industrialisierten und schnell wachsenden Wirtschaft fanden diese Forderungen deutliche Unterstützung durch die Gewerkschaften. Das Jahr 1971 markierte das Ende des Gold Exchange Standard und den Beginn einer neuen Unterperiode. Eine starke Abwertung des US-Dollars und zwei Ölschocks ließen in der zweiten Phase bis 1982 die Inflation auf neue Höchststände in Friedenszeiten ansteigen.

2021 – Frühling oder Sommer?

Zwischen 1966 und 1971 lag die Inflation durchschnittlich bei vier Prozent – also über dem heutigen Niveau, wenn man davon ausgeht, dass die aktuelle Inflation nur vorübergehender Natur ist. Nach Amundi-Schätzungen wird die Inflation in den USA dieses Jahr 4,3 Prozent betragen, nächstes Jahr 3,2 Prozent und 2023 noch 2,7 Prozent. Allerdings dürfte beispielsweise der Anteil der Löhne an der Wertschöpfung, der sich derzeit in etwa auf dem Niveau der frühen 1950er Jahre befindet, in einigen Jahren steigen und sich inflationssteigernd auswirken.

Eine mäßige Inflation (positiv, aber unter drei Prozent) ist für Aktien förderlich, da einer strafferen Geldpolitik höhere Gewinne gegenüberstehen und der Druck auf die Gewinnspannen der Unternehmen durch bessere Erträge mehr als ausgeglichen wird. Die Expansionsphasen sind länger und sorgen dafür, dass die zyklischen Sektoren länger überdurchschnittlich abschneiden. Ein Portfolio, das aus zyklischen Sektoren und dem Value-Stil aufgebaut ist, übertrifft logischerweise den S&P 500 im Durchschnitt über den gesamten Zeitraum.

Anders sieht es bei einer Inflation von mehr als drei Prozent aus: Nun sind Aktien nicht mehr in der Lage, die Kaufkraft zu erhalten. Eine straffere Geldpolitik drückt die Aktienmärkte nach unten und verhindert, dass sie den fundamentalsten Teil des Zyklus abbilden. Die höheren Gewinne gleichen den Anstieg von Zinsen und Inflation nicht mehr aus, was sich negativ auf das Gleichgewichtsniveau der Kurs-Gewinn-Verhältnisse (KGVs) auswirkt.

Schlussfolgerungen für das Portfolio

Insgesamt ist der aktuelle Zyklus viel ausgewogener zwischen Aufwärts- und Abwärtsphasen und ist sogar eher abwärts gerichtet. Immobilien und Energie reagieren in einer Aufwärtsphase sehr positiv, aber ihre Volatilität bedeutet, dass das Timing für den Ausstieg gut gesteuert werden muss, um einen Vorteil zu gewährleisten. Defensive Sektoren sind auf lange Sicht viel weniger volatil. Da ein Sommer vor allem ein solides Risikomanagement erfordert, ist die Kombination des Value-Stils mit defensiven Sektoren eine attraktive Lösung, um die Kaufkraft zu erhalten, und zwar mit weniger Risiko als eine an den S&P 500 gebundene Indexstrategie.

Die derzeitige Positionierung der Märkte und insbesondere der Sektortrends entspricht der Phase 2 eines kurzen Zyklus. Im bisherigen Jahresverlauf haben Gewinne die KGVs als Treiber der Aktienmärkte abgelöst. Die Debatte über die Auswirkungen der Inflation wird so zu einem Schlüsselthema. Falls wir weiterhin einen Frühling mit positiver, aber moderater Inflation erleben, könnte die expansive Phase des Zyklus andauern, die auch von Investitionen getragen wird. Wir erwarten, dass die weltweite Umsetzung von Infrastrukturplänen (in den USA, in Europa und in Asien) diese prozyklische Dynamik noch zusätzlich anheizen wird.

Andere Optionen bleiben freilich denkbar, einschließlich einer risikoreicheren Option, bei der die Inflation für die Märkte zu lange oberhalb von drei Prozent verharrt und die Fed unter Zugzwang setzen könnte. So könnten die KGVs sinken, ohne dass die Gewinne den Rückstand aufholen können, vor allem wenn die weltweiten Infrastrukturpläne erst spät anlaufen. Dieses Risikoszenario würde alle Merkmale eines verfrühten Sommers aufweisen.

Quelleninformationen und weitere Informationen finden Sie im aktuellen Thematic Paper „Shifts & Narratives #9 - Adapting equity portfolios to a regime of higher inflation“ und im Amundi Research Center.

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Amundi, der führende europäische Vermögensverwalter und einer der Top 10 Global Player[1], bietet seinen 100 Millionen Kunden – Privatanlegern, Institutionen und Unternehmen – ein umfassendes Angebot an aktiven und passiven Spar- und Anlagelösungen, in herkömmlichen Vermögenswerten oder in Sachwerten. Dieses Angebot wird durch IT-Tools und -Dienstleistungen ergänzt, um die gesamte Wertschöpfungskette der Geldanlage abzudecken. Amundi, eine Tochtergesellschaft der Crédit Agricole Gruppe, ist börsennotiert und betreut aktuell ein verwaltetes Vermögen von mehr als 1 900 Milliarden Euro[2].

Mit seinen sechs internationalen Investmentzentren[3], den Researchkapazitäten im finanziellen und nichtfinanziellen Bereich sowie dem langjährigen Bekenntnis zu verantwortungsvollem Investieren ist Amundi einer der wichtigsten Akteure im Asset Management.

Die Kunden von Amundi profitieren von der Expertise und der Beratung von 5.400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in 35 Ländern.

 

Footnotes

 

  1. ^ [1] Quelle: IPE „Top 500 Asset Managers“, veröffentlicht im Juni 2022 auf der Grundlage der verwalteten Vermögen zum 31.12.2021
  2. ^ [2] Daten von Amundi am 31.12.2022
  3. ^ [3] Boston, Dublin, London, Mailand, Paris und Tokio

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